Meldungen des Jahres 2025

Meldung vom 01. Juli 2025

Neue Ausgabe der „Gerbergasse 18“ mit Schwerpunkt AUF DEM LAND erschienen

Vor 65 Jahren wurde die „Vollkollektivierung“ der DDR-Landwirtschaft für abgeschlossen erklärt und damit „der historische Sieg des Sozialismus auf dem Lande“ verkündet. Tatsächlich war der durch das SED-Regime ausgerufene „sozialistische Frühling“ 1960 durch Agitation, Zwang und Gewalt geprägt. Wer sich weiterhin weigerte, „freiwillig“ in die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) einzutreten, wurde als Militarist und Kapitalist diffamiert oder wegen fehlender Ablieferungen öffentlich denunziert. Die Propagandakampagne führte unter weiten Teilen der Landbevölkerung zu Existenzsorgen und Fluchtgedanken, während die DDR-Führung unter Walter Ulbricht „die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft als Erfüllung des jahrhundertelangen Befreiungskampfes des deutschen Bauern“ proklamierte.
Enteignung und Verstaatlichung führten zu einer tiefgreifenden Umwandlung von Landschaft und Ökonomie, ohne die bestehende Versorgungskrise zu beheben. Auch die Neubauern, die im Zuge der „demokratischen Bodenreform“ in der Sowjetischen Besatzungszone ein Stück Land erhalten hatten, mussten ihr Eigentum zum Teil wieder abgeben. Obwohl die „sozialistische Landwirtschaft“ seit 35 Jahren Geschichte ist, wissen wir bis heute wenig über die Aus- und Nachwirkungen für die ländlichen Räume Ostdeutschlands.
Im neuen Heft der „Gerbergasse 18“ finden sich thematische Beiträge zur Landschaft nach Plan, dem Landleben vor der Linse und zur Mythenbildung an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, aber auch die Zwangsaussiedlungen 1952 sowie ein nicht alltäglicher Grenzvorfall im Eichsfeld werden beleuchtet. Weitere Artikel widmen sich unter anderem dem Waffenhandel des angeblichen „Friedensstaates“ DDR und der Aufarbeitung der Geschlossenen Venerologischen Stationen im Disziplinierungsapparat des SED-Staates. In einer persönlichen Bilanz würdigt der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, die erste freie und geheime Wahl der Volkskammer der DDR am 18. März 1990.
Mit dem Schwerpunkt „Auf dem Land“ startet die Zeitschrift nicht nur in den mittlerweile 30. Jahrgang, auch ein anderes Datum hat Jubiläumscharakter: Am 17. Juni 2025 wurde die Geschichtswerkstatt Jena, Herausgeberin der Thüringer Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte und Politik, 30 Jahre alt. Am Jahrestag des Volksaufstandes hatte sich 1995 eine vielfältige Gruppe historisch Interessierter zusammengefunden und den Verein gegründet. Wie aktuell und relevant die Vereinsanliegen Diktaturaufarbeitung und Demokratiebildung sind, zeigt der stetig wachsende Zuspruch beim Publikum und die bundesweite Verbreitung der „Gerbergasse 18“.

Die aktuelle Ausgabe der „Gerbergasse 18“ (Heft 114) ist im Buchhandel oder DIREKT über die Geschichtswerkstatt Jena erhältlich.

Eine Inhaltsübersicht und Leseproben finden Sie HIER.

Meldung vom 23. Juni 2025

Zum Tod von Klaus Hobrack – Zeitzeuge des 17. Juni 1953 in Jena und Erfinder des Rennsteiglauf-Logos

Thüringens größte Sportveranstaltung, der GutsMuths-Rennsteiglauf wurde von Studenten und Wissenschaftlern der Friedrich-Schiller-Universität Jena zwischen 1971 und 1975 entwickelt und mit Hilfe vieler Sportvereine im Thüringer Wald ab 1975 aufgebaut. Neben der Trainingsmethodik, Sportmedizin und Sportorganisation haben sich Universitätsangehörige, die alle der Hochschulsportgemeinschaft (HSG) dem Vorläufer des heutigen USV Jena angehörten, besonders um die Öffentlichkeitarbeit und Traditionspflege verdient gemacht. Für die Öffentlichkeitsarbeit wurden wirksame Formen der Pressearbeit, der Werbung und Merchandisings schon vor 1990 ausprobiert und ständig vervollkommnet. Eine wichtige Grundlage dafür war neben dem Namen des Laufs ein eigenes Symbol. Der Universitäts-Grafiker Klaus Hobrack aus Jena entwickelte im Dezember 1974, in Vorbereitung auf den 3. GutsMuths-Rennsteiglauf, das Logo des Rennsteiglaufs. Dies bestand damals aus einem grünen „R“ mit einem schwarzen nach rechts umlaufenden Pfeil, bestehend aus vier Linien. Das markante „R“ stammte von dem seit Ende des 19. Jahrhunderts üblichen Markierungssymbol auf dem Rennsteig, welches von den Mitgliedern des „Rennsteigvereins“ an Bäumen angebracht wurde. Der umlaufende Pfeil, der sozusagen aus drei Laufbahnen bestand, sollte das Laufen symbolisieren und gleichzeitig die Form eines der alten Grenzsteine haben, die heute häufig als Rennsteigsteine bezeichnet werden. Dass die Laufbahn nur in „einem“ Pfeil endete, hatte einmal die Funktion, dass es dem Logo eine gewisse Dynamik verlieh, außerdem hatte der Rennsteiglauf 1975 nur eine Laufrichtung. Das Logo wurde dann mehrfach grafisch überarbeitet, so von der Weimarer Grafikerin Ilse Eulitz, von der Geraer Künstlerin Angelika Schütt und zuletzt vom Schmiedefelder Werbefachmann Uwe Kusian.
Der 1934 in Jena geborene Klaus Hobrack war seit Anfang der 1960er Jahre als Werbegrafiker an der Friedrich-Schiller-Universität Jena beschäftigt. Zu seiner Biografie gehört, dass er im Zusammenhang mit dem Aufstand am 17. Juni 1953 verhaftet worden war. Er hatte gemeinsam mit anderen als 18-Jähriger aus Euphorie angesichts der Demonstrationen und als Zeichen des Friedens die Glocken in der Stadtkirche in Jena geläutet, was ihm drei Jahre Haft einbrachte.
An der Universität gehörte er zum Bereich Öffentlichkeitsarbeit, wo er vor allem für die Anfertigung von Transparenten, Losungen und Schaukästen zuständig war. Seit Mitte der 1960er Jahre kam er in Kontakt zu Sportlern der HSG der Jenaer Universität. Besonders für die junge 1967 gegründete Abteilung Orientierungslauf (OL) fertigte er regelmäßig Poster für einen Schaukasten in der Innenstadt an. Hobrack unterstützte sie auch bei der Herstellung erster farbiger Wettkampfkarten, kann sich der Rennsteiglaufmitgründer Wolf-Dieter Wolfram erinnern. Durch die OL-Sektion kam Hobrack auch in Verbindung zu den Rennsteiglaufgründern, für die er 1975 das Plakat, einen Schaukasten und vor allem das Rennsteiglauflogo entwarf. Dadurch angeregt, wollte er auch selbst starten und trainierte anfangs „heimlich“ und später mit der Trainingsgruppe. Beim 3. Rennsteiglauf schaffte er es nicht ganz bis zum Ziel, da er nach 60 Kilometer aufgeben musste. Das hatte Christina Wötzel miterlebt, die zu den Betreuern der Jenaer Läufer gehörte. Es folgten dann noch einige erfolgreiche Rennsteiglaufteilnahmen von Klaus Hobrack. Bei weiteren Laufprojekten der HSG-Laufgruppe, wie den „Fackelläufen“ über 35 Kilometer von der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald nach Jena war Hobrack sowohl als Teilnehmer als auch als Verantwortlicher für die Werbung dabei, weiß Rennsteiglauf-Mitgründer Jens Wötzel.
Der Jenenser Hobrack blieb bis Anfang der 1980er Jahre den Jenaer Rennsteiglauforganisatoren als grafischer Berater" sowie Helfer treu und war im Bereich „Agitation und Propaganda“ für Werbemaßnahmen zuständig. Als Übungsleiter einer Schülergruppe im OL hatte er zudem einen Anteil an der Aufbauarbeit dieser Sportart in Jena. 1981 übertrug er dem Rennsteiglauf-Mitgründer Hans-Georg Kremer gegen eine symbolische Prämie die Verwaltung und Bewahrung seines ikonischen Rennsteiglauf-Logos.
Klaus Hobrack ist nun im Alter von 90 Jahren in Jena verstorben. „Mit seinem Logoentwurf hat er sich für den Rennsteiglauf unsterblich gemacht und wird auch in Zukunft in guter Erinnerung bleiben“, sagt der Rennsteiglauf-Vereinspräsident Jürgen Lange zu der traurigen Nachricht.

 

Dr. Hans-Georg Kremer

 

Klaus Hobrack (li.) mit dem Rennsteiglauf-Urgestein Peter Baumann, der ein T-Shirt mit dem Hobrack´schen Rennsteiglauf-Logo trägt. Foto: Archiv Hans-Georg Kremer

Meldung vom 03. April 2025

Historische Stadtführung „6900 Jena – DDR“ mit Detlef Himmelreich am 13. April 2025

Postkartenmotiv aus dem Jahr 1982.

 

Kriegsende vor 80 Jahren in Jena

Unser Vereinsmitglied Detlef Himmelreich wird am Sonntag (13. April 2025) den ersten Teil seiner neuen historischen Stadtführung „6900 Jena – DDR“ vorstellen. Die ehemalige Postleitzahl, der Ort und das untergegangene Land verraten, dass eine Themenführung in die jüngere Vergangenheit Jenas angeboten wird.

Vor achtzig Jahren, am 13. April 1945, endete der schreckliche Krieg und die Gewaltherrschaft der Nazis auch in Jena. Eine neue, aber nicht einfache Zeit brach an. Rasch legte eine neue Diktatur den Menschen wieder Fesseln an. Thematisiert werden vor allem die letzten Kriegstage in Jena, der schwierige Neuanfang bis zum Volksaufstand am 17. Juni 1953. Es werden Einblicke in die Zeit des Kalten Krieges gegeben und geschichtsträchtige Orte und Plätze Jenas besucht. Die historische Führung richtet sich dabei an aktuellen Erkenntnissen der städtischen Geschichtsforschung aus.
Beginn ist 10.00 Uhr auf dem Marktplatz (am Hanfried-Denkmal). Dauer: 1,5 bis 2 Stunden. Enden wird die historische Stadtführung in der Gerbergasse. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Jena in der Nachkriegszeit, undatiert.

Meldung vom 21. Januar 2025

Call for Papers: Studentische Ausgabe der „Gerbergasse 18“

Schon wieder vereinigt? – Studentische Sonderausgabe der Thüringer Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte und Politik „Gerbergasse 18“ im Jahr 2025

Die Deutsche Einheit und das damit einhergehende Ende der DDR jähren sich in diesem Jahr zum 35. Mal. Auch die Geschichtswerkstatt Jena feiert 2025 bereits ihr 30-jähriges Bestehen und gibt aus diesem Anlass, gemeinsam mit einem studentischen Redaktionsteam, eine Sonderausgabe der „Gerbergasse 18“  heraus, in der ausschließlich Studierende zu Wort kommen sollen.
Die Aufarbeitung und Erforschung der DDR-Geschichte liegt längst nicht mehr nur in den Händen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Semester für Semester entstehen an den Thüringer Hochschulen Seminar- und Projektarbeiten, die sich verschiedenen Aspekten der SED-Diktatur widmen, wie etwa dem Alltag in der DDR oder dem Umbruch 1989/90, jedoch selten den Weg an die Öffentlichkeit finden. Auch die künstlerische Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte und ihren Folgen wird in der Nachwendegeneration fortgesetzt. Wir bieten eine Publikationsmöglichkeit für Studierende aus allen Fachbereichen, die sich mit Fragen von Diktatur und Demokratie auseinandersetzen möchten. Die Ausgabe soll per Open Access im Sommer 2025 erscheinen.
Wie blickt eine Generation auf die DDR, die die SED-Diktatur „nur“ aus Geschichtsbüchern oder den Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern kennt? Welche Rolle spielen Kategorien wie „ostdeutsch“ und „westdeutsch“ in Zeiten scheinbar schrankenloser Mobilität? Wie und warum wird an die DDR erinnert – im Familien- und Bekanntenkreis, auf Social Media, in Museen und Gedenkstätten, im Stadtbild, in Geschichtswerkstätten? Ist Transformation ein genuin ostdeutsches Phänomen? Und ist die Wiedervereinigung abgeschlossen?
Mit der studentischen Ausgabe „Schon wieder vereinigt?“ der Zeitschrift „Gerbergasse 18“ möchten wir uns diesen und weiteren Fragen annähern. Neben Beiträgen zum Schwerpunktthema können auch Texte zu den Rubriken Zeitgeschichte, Zeitgeschehen/Diskussion und Rezensionen eingereicht werden. In Bezug auf die Beitragsformate sind der Kreativität der Autorinnen und Autoren (fast) keine Grenzen gesetzt.
Neben wissenschaftlichen Analysen können auch literarische Arbeiten, Essays, Gedichte, Zeichnungen, journalistische Artikel, Ausstellungsrezensionen sowie Buch- und Filmbesprechungen eingereicht werden. Die maximale Zeichenzahl beträgt 15.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen). Von der Einreichung tagespolitischer Stellungnahmen bitten wir jedoch abzusehen. Die Auswahl obliegt dem studentischen Redaktionsteam.

Die Beiträge können in digitaler Form bis spätestens 31. März 2025 bei der Geschichtswerkstatt Jena eingereicht werden.

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