Meldungen des Jahres 2022

Meldung vom 01. Juni 2022

Neue Ausgabe der Gerbergasse 18 erschienen: Christen in der DDR

In Europa herrscht – wieder – Krieg, Millionen Menschen sind zur Flucht gezwungen, Tod und Leid zerreißen Familien. Der schändliche Überfall des russischen Regimes auf die Ukraine hat – über 30 Jahre nach Ende des „Kalten Krieges“ – sogar die Schreckensvision eines Atomkrieges zurück auf die weltpolitische Bühne gebracht. Der pazifistische Wunsch „Nie wieder Krieg“ wirkt gegenwärtig wie eine naive Hoffnung, während über Militärmilliarden und Waffenlieferungen diskutiert wird.  „Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein!“ Das war und ist der Leitsatz, der Christen in ihrem Nein gegenüber Kriegsrhetorik und Aufrüstungslogik immer bestärkte. Angesichts der Kriegsgräuel ist die christliche Friedensbotschaft dringender denn je. Umgekehrt lässt sich fragen: Welchen Platz haben aktuell die Erfahrungen des gewaltlosen Widerstands in der DDR, während Bomben ukrainische Städte dem Erdboden gleich machen? Praktizieren hierzulande viele, wie der Katholik Wolfgang Thierse meinte, einen „Pazifismus auf Kosten anderer“?
Mit der neuen Ausgabe der „Gerbergasse 18“ werden Lebenswege, Glauben und Handlungsspielräume von Christinnen und Christen in der DDR in den Mittelpunkt gerückt. Die kirchenfeindliche Politik der SED zeigte sich nicht nur in symbolischen Akten wie dem Abriss oder der Sprengung von Kirchen, sondern vor allem in der Diskrepanz zwischen verordneter Friedenspropaganda und wachsender Militarisierung. gleichwohl die Gründe für die Konfessionslosigkeit in Ostdeutschland vielschichtiger sind. Heute finden sich beide großen Kirchen in einer Minderheitenposition wieder, jüngste Zahlen gehen von weniger als 50 Prozent Kirchenbindung in Deutschland aus. Ende der 1980er Jahre haben kirchliche Frei- und Denkräume die Friedliche Revolution vorbereitet und ermöglicht. Kirche war jung, plural, streitbar, so wie davor und danach nicht mehr. Und Anfang 1990 gewährte ein Christ, der Pastor Uwe Holmer in Lobetal bei Bernau, dem angefeindeten Ehepaar Erich und Margot Honecker für zehn Wochen Asyl, jüngst verarbeitet im Spielfilm „Honecker und der Pastor“. Spät, 2017 und 2020, reagierte die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) mit einem Bußwort und einem Fonds, um gegenüber verfolgten kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bislang vermisste Anerkennung und Würdigung auszudrücken, um begangenes Unrecht, auch seitens der Institution Kirche, festzustellen und sichtbar zu machen.

Weitere Beiträge im Heft beschäftigen sich unter anderem mit dem Eisenbahnunfall von Langenweddingen 1967, der schwersten Zugkatastrophe der DDR, mit dem Leben von Kindern und Jugendlichen in Behinderteneinrichtungen der DDR sowie mit der Debatte um die NATO-Osterweiterung, in der Kriegsnarrative und Mythenbildung aufeinander treffen.

Das Heft 102 ist wie immer im Buchhandel, ausgewählten Museen/Gedenkstätten oder direkt über die Geschichtswerkstatt Jena erhältlich

Hier finden Sie einige Leseproben und das Inhaltsverzeichnis der Ausgabe.

 
 
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